Der Bodengrund als Filter

In der Natur erfolgt die Filtration des Wassers über den Grund des Sees, Bachs, Teichs oder dem Meeresgrund. Auf Grund der zu hohen Besatzdichte im Aquarium, wird der Bodengrund im Aquarium durch zusätzliche Filter unterstützt. Dem Meerwasseraquarianer ist die Bedeutung des Bodengrunds als natürlicher Filter wohlbekannt. In der Süßwasseraquaristik wird seine Bedeutung  unterschätzt.

 

 

Der Bodengrund im Aquarium ist Schutz, Beschäftigung und Sicherheit für alle Aquarienfische. Er birgt auch Kleinlebewesen, die so mancher Arten als Nahrung dienen. Selbst Fische, die in der Natur die so genannte Freiwasserzone bewohnen, fühlen sich im Aquarium ohne Bodengrund nicht wohl. Darüber hinaus gibt es bis heute keinen künstlichen Filter, der dem Bodengrund in seiner Wirkung wirklich gleichkommt.

Wie funktionieren Aquarienfilter?

1. Biofilter/oxidativer Filter

(Gemeint sind alle handelsüblichen Modelle: Außenfilter, Innenfilter, Mattenfilter, ...)

Die Filtration hat die Aufgabe, das Aquarienwasser von den Umwandlungsprodukten (in erster Linie Ausscheidungen) zu säubern. Dafür sind bestimmte Bakterien zuständig. Der Filter wird mit Materialen bestückt, die eine möglichst große Siedlungsoberfläche haben. Mit Hilfe einer Pumpe wird das Aquarienwasser dann an den kleinen Helfern vorbeigeführt. Nachdem die Bakterien das anfallende Ammonium zu Nitrit und weiter zu Nitrat umgewandelt haben, verbleibt dieses als Reststoff im Aquarium. Nitrat verursacht bekannter Weise nicht unerhebliche Störungen im Aquarium. In der Regel wird es durch den Wasserwechsel entfernt. Hohe und häufige Wasserwechsel belasten aber auch die Fische stark.

2. Nitratfilter

Eine sehr viel schonendere, aber auch aufwendige Form das Nitrat zu entfernen, geschieht über den Nitratfilter. Der Nitratfilter (z.B. Tropffilter) wird nur extrem langsam mit Wasser durchströmt. Der Sauerstoffgehalt des Wassers sinkt durch die hohe Verweildauer im Filter auf unter 1%. Das ermöglicht anderen, so genannten anaeroben Bakterien die Ansiedlung. Sie veratmen zunächst den restlichen Sauerstoff. Dann entziehen sie dem Nitrat (NO3) den Sauerstoff. Es entsteht zunächst NO (Lachgas) und später N2 (Gasförmiger Stickstoff). Beide Stoffe sind aquaristisch unproblematisch.

Wie funktioniert der Bodengrund als Filter?

Der Bodengrund ist so zu sagen multifunktional. Er beherrscht beide Filtrationstechniken:

Auch der Bodengrund wird vom Aquarienwasser durchströmt. Das Wasser im Bodengrund tauscht sich ständig mit dem restlichen Aquarienwasser aus. Das funktioniert durch Diffusion. Das Wasser (auch alle andere Flüssigkeiten und Gase) sind dem physikalischen Zwang der gleichen Stoffkonzentration unterworfen:

Stellen Sie sich folgendes vor:

Sie mischen 100 Liter Wasser mit einem pH Wert von 7,0 mit 100 Liter Wasser mit einem pH Wert von 7,8. Sie erhalten in kurzer Zeit 200 Liter Wasser mit dem pH Wert 7,4. Oder Sie mischen je die gleiche Menge Wasser mit 20°C und 30°C. Das gemischte Wasser hat sehr schnell überall 25°C. Wenn Sie sehr kaltes mit sehr heißem Wasser mischen, können Sie den Vorgang sogar sehen.

Das Wasser im oberen Bereich hat durch Zuführung von Ausscheidungen oder anderen Vorgängen im Aquarium ständig zum Beispiel einen anderen Salz- oder Mineralgehalt als das Wasser im Bodengrund. Das Wasser des Bodengrundes muss sich also permanent dem "Freiwasser" angleichen. Dadurch entsteht im Bodengrund eine leichte Strömung.

Dabei wird die Oberfläche stärker durchströmt; der Bodengrund filtert also oxidativ nach dem oben beschriebenen Prinzip des Biofilters. Die untere Bodenschicht und bestimmte Stellen werden nur extrem langsam durchströmt. Wo der Sauerstoffgehalt unter 1% sinkt findet Nitratabbau durch anaerobe Bakterien statt.

Bei minimalem Beckenbesatz und guter Bepflanzung reicht der Bodengrund als Filter vollständig aus. Die Bedingungen im Aquarium sind genauso gut, wie bei Verwendung je eines Biofilters und eines Nitratfilters gemeinsam. Leider reicht die Fläche des Bodengrundes im Süßwasseraquarium in aller Regel nicht aus. Im Seewasseraquarium wird die Filterfläche durch Lebende Steine stark erhöht.

Was heißt das in der Praxis?

Trotz dass der Bodengrund als Alleinfilter nicht ausreicht, hat er eine wichtige Funktion im Miniatur Ökosystem Aquarium. Der Bodengrund sollte möglichst unberührt bleiben. Beim Absaugen mit der Mulmglocke sollte nur die oberste Schicht (max. 0,5cm) betroffen sein. Tauschen Sie den Bodengrund, auch wenn der Zoofachhändler (aus kommerziellen Gründen) dazu rät, auf keinen Fall aus. Sie setzen Tiere und Pflanzen bis der neue Bodengrund "funktioniert" starken Belastungen aus.

Es sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, dass wir alle, auch Zoofachhändler Geld zum Leben benötigen und somit kommerzielle Interessen haben müssen. Sie sind allerdings gut beraten, wenn Sie sich für den Zoofachhändler entscheiden, der diese Interessen nicht auf dem Rücken der Tiere und letzten Endes des Kunden austrägt. In der Regel lohnt es sich immer, beim kompetenten Zoofachhändler etwas mehr Geld für sinnvolle Dinge auszugeben. Qualität und gute Beratung hat auch heute noch vollkommen zurecht seinen Preis. Schrottartikel wandern günstigstenfalls schnell in den Müll. Oft, verursacht solche Fehlberatung aber auch wirklichen Schaden und Folgekosten.

Noch ein Hinweis. Der Bodenbelag sollte ungefähr eine Höhe von 5cm haben. Bei höheren Belägen tritt vermehrt Faulschlammbildung auf. Faulschlamm kann zu Wasser belastendem Bakteriensterben führen.

Dazu noch ein freundlicher Hinweis eines Lesers. Thomas Kallenberger, von den Aquarien- und Terrarienfreunden Hohenlohe e.V. schreibt uns, dass einer Faulschlammbildung durch den Einsatz von Turmdeckelschnecken entgegengewirkt werden kann, da diese den Bodengrund in schonender Form ständig durchwühlen.